Thema mit Variation
(Nach Friedrich Bischoff: Auskunft)
Wo der Ostwind rauschend
über die Wälder der Rokita fährt,
bin ich daheim gewesen.
Meinen Namen habe ich nie
in Stamm und Rinde geschnitzt,
so weiß ich, er wächst nicht
in sie hinein.
Vielleicht werde ich nie
dort vergessen sein,
in der mir vertrauten Fremde.
Ostländisch bin ich,
verdunkelt und einsam.
Im Erbe des Blutes
trag ich die Stimmen
polnisch-deutscher Ahnen
und den ruhlosen Wolkenzug
im Ostwind nach Westen.
Hier, wo der Vorfahr zur Rodung
keine Saat hintrug,
hier bin ich geborgen
zwischen Bergen und Tälern
in meiner östlich getönten Sprache
und sehe die Isar fröhlich
hinabrinnen donauwärts.
Im Morgen- und Abendschein
stehn funkelnd im Strom
die läutenden Türme der alten Stadt
und der leuchtende Dom
in den ruhlosen Wassern.
Wo der Westwind rauschend
über die Wälder von Isar und Donau fährt,
bin ich wieder daheim.
Aus östlichem Geschlecht
wächst hier ein neues
im Ostlandwind.
Neubiberg, am 17./18. November 2011
ED: Literatur in Bayern 27 (2011/2012), Nr. 105/106, S. 63